Vor 75 Jahren: Am 30. Juni 1946 Volksentscheid in Sachsen - Enteignung der „Kriegs- und Naziverbrecher“

von Dr. Wolfgang Uhlmann

Als nach Kriegsende im Mai 1945 die Rote Armee in Chemnitz einrückte, besetzte sie auch Betriebe und stellte diese unter militärische Kontrolle, das betraf u. a. die Auto Union, die Seifen und Parfümfabrik Günther & Haussner, die Wanderer-Werke und die Schäfersche Spinnerei in Harthau. Obwohl die Siegermächte in Potsdam noch nicht zusammengekommen waren und Demontagen noch nicht beschlossen waren, begannen diese schon in der Sowjetischen Besatzungszone, in Chemnitz am 24. Juni mit der Auto Union. Mit dem Befehl 124 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) vom 30. Oktober 1945 wurden zahlreicher Industriegesellschaften und Fabrikanten unter Zwangsverwaltung gestellt. Das betraf in Chemnitz 130 Betriebe.

Am 30. Juni 1946 war die Bevölkerung Sachsens zum Volksentscheid aufgerufen, um über das „Gesetz über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes“ abzustimmen. Die Wahlbeteiligung betrug in Sachsen 93,7 Prozent, 77,6 Prozent stimmten mit Ja, in Chemnitz betrug die Wahlbeteiligung 94,5 Prozent und 82,7 Prozent stimmten mit Ja. Dadurch wurden 98 Betriebe volkseigen. 29 verblieben unter Kontrolle der SMAD, einige von ihnen wurden SAG-Betriebe (Sowjetische Aktiengesellschaft): Stahlgießerei Krautheim – Marten SAG, Gebr. Langer SAG Gerät, Schleifscheibenfabrik Rottluff - SAG AMO. Bei einigen wenigen Betrieben, wie der Werkzeugmaschinenfabrik Bernhard Escher AG, wurde die Enteignung wieder aufgehoben, weil sie nicht belastet waren.

In den nunmehr volkseigenen Betrieben konnte jedoch kaum an die Vorkriegsproduktion angeknüpft werden, denn in den meisten Betrieben waren Maschinen und Anlagen als Reparationsleistungen demontiert. Das galt zu 100 Prozent z.B. für Auto Union, Astra (Rechenmaschinen), Bernhard Gläß Werkzeugmaschinenfabrik, C. G. Haubold, Gebr. Unger und Fleischereimaschinen.

 
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