Vor 225 Jahren: Erster Streik Chemnitzer Lohnarbeiter

von Dr. Wolfgang Uhlmann

Ab 1765 etablierten sich in Chemnitz Kattundruck-Manufakturen, die sich bald zu einem bedeutenden Gewerbezweig der Stadt entwickelten. 1800 bestanden bestand 11 Betriebe dieser Art mit 786 Beschäftigten. Einer der größten, mit 140 Arbeitskräften, war die Kattundruckerei Pflugbeil & Co., die sich vor dem Nicolaitor befand, ungefähr, dort, wo heute das Falke-Forum steht. Hier kam es auch zur ersten Arbeitsniederlegung Chemnitzer Lohnarbeiter.

Die Produktionsanlagen der Firma Pflugbeil & Co um 1840

Am 14. Januar 1797 informierte der Chemnitzer Amtmann Dürisch den Kurfürsten, dass die Belegschaft der Kattundruckerei Pflugbeil & Co. am 9. Januar „alle auf einmal aus der Arbeit gegangen“ seien, d. h. sie waren in den Streik getreten, um einen höheren Lohn zu fordern. Am 10. Januar versammelten sich die  Streikenden in der Herberge der Kattundrucker und beratschlagten, wie sie die Belegschaften der anderen Druckereien auf ihre Seite ziehen könnten. Als der Amtmann, als Vertreter der Obrigkeit davon Kenntnis erhielt, begab er sich mit einer Militäreskorte sofort zur Herberge der Drucker. Hier nahm er die anwesenden mutmaßlichen Rädelsführer Roßner und Seidenglanz in Haft, einen dritten, namens Joseph, ließ er aus seiner Wohnung holen. Den Druckern drohte er mit Haft, wenn sie nicht wieder die Arbeit aufnehmen würden, und nahm ihnen das Versprechen ab, „wieder in ihre Arbeit in aller Ruhe und Ordnung zu gehen.“ Weiterhin wies er die Unternehmer der anderen Druckereien an, bei einer Strafe von 20 Talern, keinen der am Streik Beteiligten einzustellen.

In seinem Brief berichtete Dürisch dem Kurfürsten. „Dadurch habe ich bewirkte, dass sämtliche Drucker heute wieder in Arbeit gegangen sind, und werde ich nicht anstehen, den ferneren Verfolg dieser Sache und der Untersuchung, pflichtschuldigst anzuzeigen.“ Weiterhin versicherte er, dass „die größte Strenge notwendig sey,  um diesen gewöhnlich werdenden Excessen und Aufständen Einhalt zu thun.“ Dabei erinnerte er sich sicherlich an das Jahr 1790, als sich in Sachsen die Bauern gegen feudale Willkür und Abgaben erhoben hatten.

Die Chemnitzer Kattundrucker konnten ihre Forderungen damals noch nicht durchsetzen, Da die Unternehmer in der Folgezeit bessere Löhne zahlten, kam es erst 1819 zum erneuten Streik der Drucker.

 
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