Eine interessante Entwicklung vollzog der Hersteller für Fahrzeuglampen die Firma Hermann Riemann auf dem höchsten Punkt des Sonnenberges.

1866 hatte der Firmengründer August Hermann Riemann eine kleine Werkstatt in Leistners Fabrik in der Amalienstraße (heute: Tschaikowskistr.) gepachtet, um dort Metallkurzwaren herzustellen. Im Jahre 1888 nahm er die Produktion von Fahrradlaternen auf, der sich ab 1902 die Herstellung von Automobil-Laternen anschloss, mit denen er sich Weltruf erwarb

 

Karbid-Fahrradlampe von Riemann

 

 

Da die Werkstatt in der Amalienstraße zu klein aber die Auftragslage phantastisch war, begann er 1894 mit dem Bau seines Werkes auf freier Höhe in Gablenz, das mit einem kleinen, zweistöckigen Gebäude nebst Heizhaus seinen Anfang nahm (siehe Bild) und durch kontinuierliche Erweiterungsbauten bis in die 20er Jahre hinein seine heutige Form nebst bekannten Riemann-Turm (Aufzugsanlage) erhielt.

Während in der Anfangsphase August Hermann Riemann die Firma allein leitete, wurden bereits im Jahr 1900 er und sein Sohn Hermann Otto Riemann als Firmeninhaber ausgewiesen

Die Firma Riemann galt als Marktführer in ihrem Produktbereich der Fahrzeugbeleuchtung und erhielt auch international beachtliche Auszeichnungen, zu denen der Grand Prix 1910 auf der Weltausstellung in Brüssel zählte. Zu dieser Zeit zählte ihre Belegschaft ca. 950 Beschäftigte.

Auch der sächsische König Friedrich August brachte im Jahre 1905 mit seinem Besuch des Werkes seine Wertschätzung zum Ausdruck.

Im November 1912 starb Otto Riemann nach kurzer, schwerer Krankheit und hinterließ neben seiner Witwe noch drei minderjährige Kinder.
Nun führte Hermann Riemann den Betrieb wieder allein. Doch bereits im März 1913 verstarb auch er.
Der Betrieb wurde nun vorerst von der Witwe Hermann Riemanns verwaltet.

 

 

Ab 1914 übernahm dann der jüngste Sohn Paul Riemann die Führung des Betriebes, die erst in der Zeit des Nationalsozialismus beendet wurde.

 

 

Die Zeiten der Weltwirtschaftskrise wurden unbeschadet überstanden und in den Jahren der Kriegsproduktion des Dritten Reiches erreichte das Geschäft seinen Höhepunkt, denn Fahrzeuglampen und Signaleinrichtungen wurden in großen Stückzahlen für die Militärfahrzeuge benötigt

Nach 1945 und dem durchgeführten Volksentscheid in Sachsen zur Enteignung von Kriegverdienern wurde in den Folgejahren aus der Firma Riemann die „Spezialfabrik für Fahrzeugbeleuchtungen“ in Chemnitz und später der VEB Fahrzeugelektrik Karl-Marx-Stadt mit einem breiteren Produktionsprofil. Aber auch weiterhin wurden vor allem Scheinwerfer und Zündanlagen für Kraftfahrzeuge gefertigt.

In der Gesamtheit (mit Zweigwerken) gab der Betrieb in den nachfolgenden Jahren ca. 1.500 Menschen Arbeit.

 

Nach der politischen Wende im Jahr 1990 konnte der Einstieg in die Markwirtschaft nicht erfolgreich gestaltet werden, so dass 1992 das entgültige "Aus" erfolgte.

In den Jahren 1993/94 existierten noch Planungen für ein sogenanntes „Sonnenberg-Center“ in dieser Industriebrache (siehe Bild), welche sich aber nachfolgend als Luftblasen entpuppten.

     

Die folgenden Jahre brachten für den Gebäudekomplex Vandalismus und Zerstörung, so dass wiederholt Forderungen nach Beseitigung des Schandflecks auf dem höchsten Punkt des Sonnenbergs laut wurden.

 

     

 

Mit Erleichterung musste deshalb die Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen, dass im Jahr 2010 sowohl die Villa des Firmengründers an der Fürstenstraße als auch das Betriebsgelände verkauft werden konnten.

Die nächste Zeit wird zeigen, welche Bewegungen des Erhaltes historischer Bausubstanz bzw. des Abrisses und der Neubebauung dieses einst bedeutsamen Industriekomplexes auf dem Sonnenberg stattfinden werden.

Jürgen Eichhorn

     

Bildquellen: 3, 4, 6-9 Sammlung Jürgen Eichhorn

                     2, 5, 6, 8, 12 Sammlung Petra Habelt

                     1, 10, 11 Petra Habelt

   

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